Empfangsstation 1920er Jahre (G1)

Empfangsstation 1926
Empfangsstation aus Antenne, Radio, Lautsprecher und Stromversorgung

Unsere Rundfunk-Empfangsstation ganz oben auf dem Radio-Podest

Ein Seibt EA 437 bildet zusammen mit einer originalen Rahmenantenne, der passenden Stromversorgung und einem Brown-Hornlautsprecher eine Empfangsstation, wie sie Ende der 1920er Jahre üblich war.
Alle Teile bis auf die Batterie im Hintergrund sind Originale um 1926 bis 1928!

Hier möchten wir auf die zum Rundfunkempfang nötigen Geräte im Einzelnen eingehen.

Der Rundfunkempfänger

Seibt EA 437
Seibt EA 437, Baujahr 1928

Der historische Empfänger oben auf dem Podest wurde 1927 bis 1929 von der Firma Seibt in Berlin gebaut.
Es war ein für die damalige Zeit sehr aufwändiges und hochwertiges Gerät und wurde für 120 Reichsmark verkauft (zum Vergleich: Ein Monatslohn lag in dieser Zeit bei etwa 150 Reichsmark.1
Das Funktionsprinzip ist ähnlich wie das des Loewe 2H3N, der unter Abenteuer Fernempfang 1927: Der Loewe Fernempfänger 2H3N detailliert beschrieben ist. Besonders die umständliche Bedienung solcher Geräte fasziniert bis heute.

Rahmenantenne

Die Antenne fischt die Radiowellen aus dem Raum.
Meist wurden zum Radioempfang mehr oder weniger lange Drähte im Freien gespannt.
Die bis zu 50 m langen Drähte waren bei Gewitter ein hervorragendes Einfallstor für Blitze.
Daher wurde ein Antennen-Erdungsschalter benötigt, der meist mit einem Hinweis versehen war: "Bei Gewitter Antenne erden!".
Neben solchen Langdraht- oder auch Hochantennen genannt waren Rahmenantennen besonders hilfreich.

Rahmenantenne
Rahmenantenne, Baujahr ca. 1927; das Bild wurde geschärft, um die Drähte besser sichtbar zu machen

In der Ausstellung ist ein sehr aufwändiges Exemplar einer Rahmenantenne zu sehen.
Gegenüber der Langdrahtantenne im Freien hat sie den Vorteil, dass man keinen Blitz-ins-Haus-Hereinleiter hatte.
Waren keine elektrischen Störer in der direkten Umgebung der Rahmenantenne und die Wände einigermaßen gut durchlässig für die benötigten Frequenzen, leisteten solche Antennen gute Dienste.
Da solche Antennen eine starke Richtwirkung hatten, sie also besonders in Richtung des zu empfangenen Senders auszurichten waren, mussten sie gedreht werden können.
Das ausgestellte Exemplar ist in dieser Hinsicht eine richtige Luxusausführung: Damit die Anschlussleitungen beim Drehen nicht bewegt wurden und man die Antenne ohne Kabelsalat auch mehrmals um 360° drehen konnte, sind Schleifringe zum Übertragen der Energie eingebaut:

Schleifringe an der Rahmenantenne
Schleifringe an der Rahmenantenne für den elektrischen Anschluss

Man muss eine solche Antenne gewissermaßen längs zum Sender ausrichten; sie empfängt den magnetischen Teil der elektromagnetischen Welle. Im Aufbau im Museum wäre sie also besonders empfindlich für Sender links und rechts unseres Podestes und wenig empfindlich für Sender im Rücken des Betrachters und welche hinter der Antenne.

Die ausgestellte Antenne wartet mit einer weiteren Besonderheit auf:
Man kann sie für verschiedene Wellenlängenbereiche (Mittelwelle, Langwelle) anpassen.
Dazu befinden sich drei Schalter am Holzkreuz:

Antennen-Anpasschalter Antennen-Anpassschalter

Die Anordnung ist so verschaltet, dass Teile der Spule parallel oder in Reihe zu anderen geschaltet werden können.
Damit haben immer alle Drähte eine Funktion und die Antenne stets ihren maximalen Wirkungsgrad.
Es gibt keine feste Regel, wie die Schalter stehen müssen, da auch der angeschlossene Empfänger und die Anschlussleitungen zur Antenne eine Rolle spielen.
Sie wurden einfach so lange hin- und hergeschaltet, bis der Empfang in Lautstärke und Trennschärfe optimal war.

Stromversorgung

Stromversorgung
Stromversorgung: Netzanode im Vordergrund, Anodenbatterie im Hintergrund

Anodenbatterie

In den 1920er Jahren war ein Stromanschluss keine Selbstverständlichkeit.
Daher wurden viele Radios an Batterien betrieben.
Man benötigte verschiedene Spannungen:

  • Heizspannung für die Röhren, zum Beispiel vier Volt und relativ viel Strom,
  • Gittervorspannung mit ein paar Volt und nur ganz wenig Strom,
  • Anodenspannung, oft auch mehrere verschiedene Anodenspannungen. Bei Batterieempfängern üblich waren 90 Volt für die Lautsprecherröhre und um die 70 Volt für die Röhren in den anderen Schaltungsteilen
    (Zur grundsätzlichen Funktion der Röhren siehe Röhrt ein Röhrenradio?).

Es gab zum Beispiel von der Firma Pertrix kompakte Batterien, die bis auf die Haizspannung alle Spannungen mit den benötigten Strömen lieferten. Sie sehen im Hintergrund einen Pappkarton, der zum Nachbau solcher Anodenbatterien angeboten wird.
Zum Heizen der Röhren wurden wegen des hohen Stromverbrauchs meist Blei-Akkumulatoren eingesetzt.
Ein Element eines Bleiakkus liefert zwei Volt, zwei Stück davon vier Volt, daher auch die Heizspannung von vier Volt.
Eine Autobatterie hat übrigens für ihre zwölf Volt sechs Elemente drin, man sieht das an den sechs Schraubkappen solcher Blei-Akkus.

Netzanode

Es gab auch damals schon Netzteile, die in Anlehnung an den Begriff Anodenbatterie als "Netzanode" bezeichnet wurden.
Mit ihnen ließen sich Rundfunk-Batterieempfänger an der Steckdose betreiben.
Rechts im Bild sehen Sie ein Exemplar von der Firma Loewe.

Lautsprecher

Lautsprecher Firma Brown S. G. Ltd., London
Lautsprecher der Firma Brown S. G. Ltd., London aus dem Jahr 1924

Die ersten Lautsprecher funktionierten ähnlich wie heute noch übliche Horm-Lautsprecher:
In dem schwarzen runden Teil im Fuß befindet sich der so genannte Treiber, der eine Membran am dünnen Ende des Trichters bewegt.
Der Trichter selbst hat dieselbe Funktion wie auch bei einem Grammophon - nämlich eine akustische Anpassung an die Luft.
Aus nur wenig Membranbewegung lässt sich damit eine passable Lautstärke erreichen.
In der Ausstellung sehen Sie ein sehr schön erhaltenes Exemplar eines damals weit verbreiteten Lautsprechers Baujahr 1924 der Firma Brown S. G. Ltd.; London.

Demonstraion Die eindrucksvolle Wirkung eines Trichters eines Grammophons kann bei einer Führung erlebt werden.

Quellen

1 Monatslohn laut www.Statista.com 148 RM im Jahr 1927 und 165 RM um 1928.