Notradios in den Nachkriegsjahren

Notradios wurden nach dem zweiten Weltkrieg aus dem zusammengebaut, was man gerade hatte.
So findet man oft Einzelteile aus Wehrmachtsgeräten darin, insbesondere die dort verbauten Stahlröhren.
Oft wurde auch ein gerade vorhandenes Chassis - so wird das Blechdings genannt, auf dem die Innereien des Radios montiert sind - in ein gerade verfügbares Gehäuse eines anderen Radios eingebaut.
Aus solchen Notradio-Bastlern entwickelten sich zum Teil auch Rundfunkgerätehersteller, wie zum Beispiel die FEA in Kressbronn.

Notradio RA 4568
Notradio mit Innereien eines unbekannten Herstellers vermutlich aus der Region

Dieses Notradio eines unbekannten Herstellers ist auf dem Podest ausgestellt.
Man sieht, dass das Innere nicht so ganz ins Gehäuse passt, so ist der linke Drehknopf so halb schräg über einer Verzierung des Gehäuses, und der Bereich um die (leider zerbrochen gegangene Skala) nachträglich eingebaut wurde.
Das Gerät ist 2021 von Vereinsmitglied Theodor Heim ("Heim und Funk") restauriert worden und läuft!
Innen deutsch, außen französisch: Von welchen Herstellern die Teile stammen, wissen wir nicht - die Bauteile im Gerät stammen jedenfalls aus der Umgebung.
So ist zum Beispiel der Netztransformator von der "Elektroteile GmbH" aus Oberuhldinhen, der Lautprecher von "Vollmer Akustik", Esslingen. Die Röhren sind von Telefunken und stammen sicher aus früheren Geräten, da sie Stempel von 1925 und 1926 tragen.
Baujahr Trafo: 1948, daher kann das Gerät nicht älter sein wie 1948. Der Hersteller des Lautsprechers wurde 1947 gegründet.
Innen sieht man übrigens schön die Röhren glühen, wenn das Gerät eingeschaltet ist:

Notradio RA 4568
Das Notradio in Betrieb: Man sieht die Röhren glühen

Achtung: Einstecken darf das Gerät nur das Museumspersonal!

In der Glasvitrine in der Raummitte (K) sehen Sie ein Chassis in der Art, wie sie oft in Notradios eingebaut wurden:
Notradio-Chassis
Typisches Chassis, wie man es gerne in Notradios einbaute

Was ist ein Kartoffelradio?

Ob der Ausdruck hier in der Gegend geläufig war, wissen wir nicht.
Jedenfalls wurde zumindest in Teilen Deutschlands von Kartoffelradios gesprochen.
Gemeint sind einfache und einfachste Empfänger, die in der unmittelbaren Nachkriegszeit, "die sich im Rahmen eines einfachen Naturaltausches" gegen Lebensmittel eintauschen ließen (Quelle: GFGF Funkgeschichte 247 S. 209).
Ein Vertreter dieser Kategorie sind sicher auch die ersten Geräte der Firma FEA.