Technologie - Vom Kabelsalat zur gedruckten Schaltung

Neben der Schaltungsentwicklung als solche schritt auch die Fertigungstechnologie fort.
Als Beispiel sehen Sie auf einem Tisch in unserer Ausstellung drei Radios, die alle drei etwa dieselbe Funktion haben - Rundfunksignale empfangen und auf einem Lautsprecher die darauf modulierten Inhalte wiedergeben.

Verdrahtet vs. Leiterplatte

Erste Schaltungen auf Holz

Die ersten Schaltungen wurden neben vorhandenen Anschlüssen an Röhrenfassungen meist direkt an Nägel in einer Kiste gelötet, eigentlich ähnlich, wie wir im Museum auch mit Kindern Schaltungen aufbauen.
Als Beispiel können Sie sich die Detektorempfänger im Holzgehäuse in der freistehenden Vitrine anschauen, in der sich weiter unten auch die Reißnagelschaltungen befinden.

Holz ist nur hoher Trockenheit ein guter Isolator, bei Feuchtigkeit bilden sich mitunter (brand-)gefährliche Kriechströme, vor allem bei den für Röhrenschaltungen benötigten höheren Spannungen.
Daher wurden die Schaltungen bald auf Lötösen gelötet, die selbst auf Keramik- oder Hartpapierisolatoren genietet wurden. Die Schaltungen wurden dadurch erheblich sicherer.

Verdrahtetes Blech-Chassis

Einfacher und weniger brandgefährlich war es, diese Lötösenleisten und die übrigen Teile (Röhrenfassungen, Kondensatoren, Transformatoren) zusammen auf ein meist U-förmig gebogenes Blech zu montieren und dann zu verdrahten.
Es erschließt sich schnell, dass das einen Haufen Handarbeit erforderte.
Der Ausdruck Chassis bezeichnet im allgemeinen den inneren Aufbau des Gerätes, der ins Gehäuse geschoben wird.

Übergang von der Verdrahtungstechnik zur gedruckten Schaltung

Verdrahtet vs. Leiterplatte

Im Bild links ist ein typisches Radio mit Verdrahtungstechnik gezeigt.
Neben der Tatsache, dass es eben noch eine Schaltung mit Röhren hat, wurde es noch ohne Leiterplatte ausgeführt.
Rechts ein Radio mit Leiterplatte, auch gedruckte Schaltung oder Platine genannt.
Dieses Gerät ist "volltransistorisiert". Damit ist gemeint, dass keine Röhren mehr enthalten sind.
Der Übergang war wie so oft fließend - so wurden Schaltungen ab etwa Mitte der 1960-er Jahre mit Platinen aufgebaut, unabhängig davon, ob es sich um Röhren- oder Transistorschaltungen handelte. Zunächst nur von Hand bestückt, ließen und lassen sich solche Leiterplatten maschinell bestücken. Der Aufwand an Arbeitszeit wird dadurch erheblich reduziert, was die Schaltungen wesentlich billiger macht, vor allem in großer Serie.

Hier das Blech-Chassis im Detail:
Einige Bauteile wie Röhrenfassungen und Kondensatoren sind direkt darin verbaut; die Glasteile sind die Röhren.
Handverdrahtete Schaltung im Blech-Chassis

Das Chassis von unten: Hier sieht man, wie die Bauteile einzeln von Lötöse zu Lötöse von Hand hineingefummelt und verlötet wurden (siehe dazu auch den Saba-Film zur Fertigung von Radios). Handverdrahtete Schaltung im Blech-Chassis

Das folgende Bild zeigt die Lötseite der Leiterplatte.
Die Bauteile befinden sich auf der anderen Seite.
Nur deren Anschlussdrähte sind durch die Leiterplatte geführt und dort verlötet:
Leiterplatte, Lötseite

Hier die Seite mit Bauteilen, "Bestückungsseite" genannt: Leiterplatte, Bestückseite

Auf dem Tisch befindet sich noch ein drittes Radio:

Höhere Integration und Aufbau mit SMD-Bauteilen

Technisat DAB+-Radio

In unserem aktuellen Technisat DAB+ Digitalradio (Baujahr 2020) kann man mehrere Dinge entdecken:

  • Es gibt keine Drehknöpfe und keinen Skalenzeiger mehr, an deren Stelle tritt ein Display mit Bedientastern
  • Die Bauteile darin sind direkt auf die Leiterplatte gelötet. Sie haben keine "Beinchen" mehr.
    Diese Art der Fertigung nennt man SMD-Technik für Surface Mounted Devices - also oberflächenmontierte Bauteile.
    Da die Teile nicht mehr umständlich durch Löcher gesteckt werden müssen, lassen sich solche Schaltungen erheblich besser maschinell zusammenfügen, zudem wird weniger Platz benötigt.
  • Es sind nicht arg viele Bauteile zu finden: Fast die komplette Schaltung steckt in einem kleinen IC drin (das Ding mit dem QR-Code-Aufkleber drauf). Man spricht hier von "hochintegrierter Schaltung".

DAB+-Radio von innen

Die SMD-Technik wurde ab den frühen 1990-er Jahren eingeführt.
In Geräten der Unterhaltungselektronik wurden bedrahtete und SMD-Bauteile lange Zeit auch gemischt eingesetzt.
Erst in den 2000-er und 2010-er Jahren hat die SMD-Technik die bedrahteten Teile weitestgehend ersetzt. Nur noch selten trifft man Schaltungen ohne SMD-Teile an, besonders in Einfachst- und/oder Billigst-Schaltungen, wie zum Beispiel Netzteile in LED-Lampen.

Integrierte Schaltung, IC

Mit Integration ist in der Elektronik die Zusammenfassung von Schaltungsteilen in einem mehr oder weniger kleinen Gehäuse gemeint.

DAB+-Radio Chip

Zur integrierten Schaltung wird die Schaltung, wenn sie komplett auf ein Silizium-Plättchen (Chip) untergebracht wird, welches meist in einem schwarzen Gehäuse mit vielen Anschlüssen steckt.
Die Geschichte der Integration ist eine eigene; zunächst nur wenige Bauteile enthaltend, wurde mehr und mehr integriert. Am bekanntesten dürfte diese Integration von der Prozessorentwicklung her sein, wo ein einzelner Chip mehrere zehn Milliarden Transistoren enthalten kann.
Die Abkürzung für eine solche integrierte Schaltung ist IC für Integrated Circuit, dem englischen Wort für Schaltung.
Nun, die Integration analoger Schaltungen, wie sie für Rundfunk- und Nachrichtenübertragungstechnik benötigt werden, hat eigene Schwierigkeiten in der Umsetzung, weshalb dort nicht ganz so viele Transistoren zu finden sind.

Die erste integrierte Schaltung, die in Serie produziert wurde, finden Sie übrigens auch bei uns im Museum:
Sie arbeitet noch auf Röhrenbasis! Schauen Sie mal in die Glasvitrine neben dem Eingang, dort finden Sie eine Loewe Mehrfachröhre 3NF.