Ton-Aufnahme-Geschichten Teil I: Tonaufzeichnung im Gymnasium

Elektronische Geräte machen erst Sinn, wenn sie verwendet werden.
Für was wurden denn all die Aufnhamegeräte genommen?
Um einen Eindruck zu vermitteln, sammeln wir Geschichten rund ums Aufzeichnen von Tönen.

Hier berichtet ein Gymnasiallehrer, wie sich die Technik und ihre Anwendung mit der Zeit entwickelte.

Tonaufzeichnung – Uher Report, Uher Variocord, Braun TG 1000, Revox A77 und B77

Beginn 1973

Nachdem mein Gymnasium 1973 gebaut und ausgestattet wurde, und wohl an der Ausstattung nicht allzu sehr gespart wurde, kam ich schon zu meiner Schulzeit mit all diesen Klassikern der Tontechnik in Berührung. In jedem Lehrerpult war neben einem versenkbaren Overheadprojektor noch in einer Schublade ein Diaprojektor und in der untersten Schublade ein Uher Variocord – vermutlich für den Sprachunterricht gedacht, aber kaum im Einsatz erlebt. Für mobilen Einsatz waren noch ein paar Uher Report vorhanden. Eines davon durfte mit ins Schullandheim reisen, nicht ohne vorher ein Tape mit allen aktuellen Songs für die Fete(n) erstellt zu haben.
Unglaublich, wie viel man trotz Beschränkung auf 13 cm-Spulen bei 4,7 cm/s auf ein TP-Band bekam, und wir mit der Qualität noch zufrieden waren… Selbst das Sprachlabor der Schule war modernst ausgestattet:
Einzeltische mit Trennwänden und je einer Einbauversion des TG 1000 (unter einer Klappe) mit auf die Tischplatte ausgelagerten Bedienelementen (und 18er Spulen mit 22er Kern), Geschlossene Hör-Sprech- Headsets von AKG (die ovalen…), großes Regiepult mit Einzelabfrage der einzelnen Schülerplätze incl. Tonbandbedienung, einer Braun Plattenspieler-Receiver-Kompaktanlage (deren Rundfunkteil aus GEMA-Gründen amtlich stillgelegt war, da sonst für jeden Schülerplatz die GEMA-Gebühr zu entrichten gewesen wäre), und einer Mattscheibe für Rückprojektion der zu den Sprachkursen gehörenden Dias. Als besonderes Gimmick enthielt der rückwärtige Raum noch ein kleines Tonstudio: Sprecherkabine mit Glasscheibe zur Regie, und die Regie ausgestattet mit

  • Receiver Braun Regie CEV 510
  • 2x TG 1000 Zweispur
  • Plattenspieler Braun PS 500 in Schublade
  • Dynacord disc-o-mix Mischpult
  • AKG D190 Mikrofon

Ton- und Geräuschkulisse fürs Theater

Hier erstellte ich die Ton- und Geräuschkulissen, die wir für die Aufführungen der Theater-AG benötigten, sowie während der Projekttage ein Hörspiel zu Günter Eichs "Träume".
Eines schönen Tages stand dort ein Bevox B77 MKII originalverpackt, vorgesehen für den Musiksaal.
Und so geschah es, dass ich es auspackte und zunächst für die Theaterproduktion verwendete, bevor es an seinen vorgesehenen Einsatzort gelangen konnte.
Besonders praktisch für den Theatereinsatz war auch die Lichtschranke, die das Gerät stoppte, sobald kein Band mehr durch die Bandführung lief… mit einem kleinen Stück Klarband zwischen zwei Tracks war sichergestellt, dass jeder Einspieler automatisch endete und der nächste definiert abgerufen werden konnte.

Auch im Musiksaal befand sich eine Braun-Anlage: ebenfalls mit Plattenspieler PS 500, Verstärker mit eingebautem Radio-Tuner CEV 510 und Vierspur-Tonbandgerät TG 1000 mit großen Braun-Boxen.

Aufnahme des Kammerchors analog und digital

Für Tonaufnahmen des Kammerchors des Gymnasiums durfte ich zunächst das private Revox A77 mit Mikrofonen Revox M 3500 (von Beyer Dynamic) meines Musiklehrers verwenden, später dann das schulische B77 MKII (mit Sennheiser MD441).
Als ich mir dann mein erstes DAT (Technics DA-10, gebraucht ca. DM 750,-) zulegte, diente noch das B77 mit MD441 als "Mischpult mit analoger Sicherheitskopie", und die digitale Version war die Grundlage für die erste CD des Kammerchors. Mit dem Wunsch nach leichterem Equipment kaufte ich einen gebrauchten Aiwa HD-S1 – den ersten portablen DAT-Recorcer – und nutzte ihn mit Dual-MC 316 Elektret-Kondensator-Mikrofonen für ein paar Klavieraufnahmen und Mitschnitte eigener Programme als Erinnerung – für anspruchsvollere Mitschnitte blieb es bei B77 und DA-10, bis…

… ein paar Neumann KH 184, ein Studer D19 A/D-Wandler und ein Tascam DA 302 doppel-DAT Einzug hielten.
Hiermit wurde das Equipment zwar wieder nicht leichter, dafür die Tonqualität besser, und es entstanden einige recht schöne Aufnahmen auf der Meersburg mit den Carlina-Leut‘ , die auch in deren CD-Repertoire Einzug hielten.


Infos zu einzelnen Geräten auf HiFi-Wiki.de:

Die genannten Tonbandgeräte gibt es in zahlreichen Varianten. Oft muss man recht genau hinschauen, um die Unterschiede auszumachen.
Einige der aufgeführten Gerätetypen findet man auch im Archiv oder in der Ausstellung des Elektronikmuseums.