Die Kompaktkassette (MC) im Detail und wie man ihr ordentliche Klänge entlocken kann
"Die Kassette klingt ja überhaupt nicht!"
Insbesondere Liebhaber von Tonbandgeräten werden sich gerne zu einer solchen Bemerkung hinreißen lassen.
Nun, wenn man ein paar Dinge beachtet, wird man feststellen, dass die gute alte Kassette so schlecht gar nicht war beziehungsweise immer noch ist.
Eine sauber gemachte Aufnahme sei vorausgesetzt.
Hier lesen Sie, wie der Kassette mit ein paar Kniffen saubere Töne zu entlocken sind.
Aufbau einer Kassette
Das Tonband läuft bei der Wiedergabe von einem Bandwickel (links im Bild) zum anderen.
Durch eine Aussparung im Gehäuse der Kassette (unten in der Mitte) wird ein Tonkopf ans Band geführt, in dem die unterschiedliche Magnetisierung des Bandes elektrische Wechselströme verursachen.
Diese werden verstärkt und dem Lautsprecher zugeführt, welcher die Information schließlich hörbar macht.
Innenleben einer Kompaktkassette (MC)
Vorbereitungen
Wer einfach nur mal reinhören möchte, was auf der Kassette drauf ist, kann das in einem Kassettenrecorder oder Tapedck machen.
Hochwertige Aufnahmen (z. B. selber aufgenommene Kassetten mit hochwertigem Band) sollte man lieber nur in einigermaßen hochwertigen Geräten abspielen, da sehr billige Recorder einen rauen Ton- oder Löschkopf haben kann, der unter Umständen Höhen von der Kassette hobelt.
Das Gerät muss technisch so weit in Ordnung sein, dass es die Kassette nicht zerstört.
Ein paar Dinge kann man selber ausprobieren.
Viele Recoder kann man ohne Kassette laufen lassen.
Man kann dann ohne Kassette testen, ob sich bei "Wiedergabe" der Wickel, der fürs Aufwickeln des Bandes zuständig ist, dreht.
Dreht sich keiner der Wickler, darf keine Kassette abgespielt werden, sonst gibt's Bandsalat!
Man tut gut daran, den Recorder vorher mit einer "Schrottkassette" zu testen.
Die steckt man in den Recorder und spult kurz vor und wieder zurück, am Besten auf Anfang.
Bei Wiedergabe muss man zuallererst geschaut werden, ob sich beide Bandwickel drehen.
Ist das nicht der Fall, sofort "Stop" drücken - sonst hat man unweigerlich Bandsalat.
Mit dem Ohr dicht ans Kassettenlaufwerk gehen: Der Recorder sollte beim Abspielen keine ungewöhnlichen Geräusche verursachen, also nicht quietschen oder rattern, vor allem keine Bandknittergeräusche von sich geben.
Schutz vor versehentlichem Löschen
Kassetten haben eine so genannte Löschschutzlasche.
Löschschutzlasche
Ein Löschen der Kassette bzw. eine Aufnahme ist nur möglich, wenn diese Lasche das zugehörige Loch verdeckt.
Falls noch nicht geschehen, sollte diese Lasche herausgebrochen werden, um ein versehentliches Löschen der Kassette zu vermeiden.
Zerstören der Kassette verhindern
Vor dem Abspielen der gewünschten Kassette schaut man sich deren Band an.
Dazu nimmt man einen Bleistift oder einen sechseckigen Filzstift und dreht das Band vorwärts und schaut dabei aufs Band.
Achtung: Befinden sich weiße Stellen auf dem Band, weißer Flaum oder weiße Partikel, kann es sich um Schimmel handeln!
Vorsicht mit solchen Kassetten, sie können über den Kassettenrecorder andere Kassetten infizieren, die später im Recorder abgespielt werden!
Das Band sollte glatt, ohne Unebenheiten, Knitterstellen, Längs- oder Querrillen sein.
Knicke im Band, wie sie unter anderem bei einem Bandsalat entstehen können
Welliges Band
Längsrillen im Band
Längsrillen im Band, Detail
Man merkt sich, wie die Oberfläche des Bandes vor dem Abspielen aussah, tut die Kassette in den Recorder und spielt das Band zwei, drei Sekunden ab und drückt Stop.
Kassette entnehmen, mit einem Stift das Band langsam zurückdrehen und auf die Oberfläche schauen.
Das Band sollte auf dem abgespielten Stück gleich aussehen wie vorher.
Wenn die Oberfläche des Bandes nicht mehr gleich aussieht, keine weiteren Versuche mit diesem Recorder unternehmen, denn er würde die Kassette unbrauchbar machen.
Diese Prozedur sollte bei jeder Kassette durchgeführt werden, denn die Bänder unterscheiden sich stark in ihrer Empfindlichkeit.
Wenn oben angegebene Prozeduren durchgeführt wurden, kann man die Kassette anhören.
Die Musik "leiert"
Mit etwas Glück sind die Antriebsriemen im Gerät noch so gut, dass die Aufnahme nicht leiert.
Ansonsten sollte einer, der sich damit auskennt, neue Antriebsriemen einbauen.
Leiern nur einzelne Kassetten, kann es sein, das das Band innen drin "aufgelaufen" ist: Dann lässt sich der Bandwickel schwerer drehen als normal.
Dann hilft Vor- und Zurückspulen der ganzen Kassette (oder auch vorsichtiges Klopfen der Kassette mit einer und dann der anderen Seite flach auf den Tisch).
Was tun, wenn die Aufnahme dumpf klingt
Mehrere unterschiedliche Dinge können eine Aufnahme dumpf klingen lassen.
- Schlechte Aufnahme oder schlechtes Bandmaterial:
Das ist gar nicht so häufig der Fall, wie man meinen könnte.
Braunes Band ist minderwertiger als schwarzes. Eine matte Oberfläche des Bandes ist ebenfalls ein Hinweis auf ein minderwertiges Band. - Es gibt Kassetten, bei denen ein billiger Andruckfilz verbaut wurde.
Diese klingen meist dumpf.
Mit etwas Geschick kann man ven Filz einer anderen Kassette in die abzuspielende bauen.
Oben: Höherwertige Kassette mit schwarzem Band und gefedertem Andruckfilz. Unten: Minderwertige Kassette mit braunem Band und billigem Andruckfilz
- Selten, kann aber nach einem Bandsalat vorkommen: Läuft die Musik dumpf und rückwärts, ist das Band irgendwo verdrillt.
In diesem Fall die Stellen suchen, an denen das Band verdrillt ist und richtig stellen. - Falsche Bandsorte: Falls es einen Bandsortenwahlschalter gibt (Beschriftung zum Beispiel: CrO2, FE, Metal, Typ I, Typ II, Typ IV, selten FeCr, Typ III).
Wenn ja, nachsehen, ob auf der Kassette irgendeine Beschriftung drauf ist, die auch an dem Schalter steht und diesen auf die entsprechende Position stellen. - Die "Dolby"-Funktion sollte nur eingeschaltet sein, wenn die Aufnahme mit dem "Dolby"-Verfahren gemacht wurde.
Kaufkassetten sind meist mit dem Rauschunterdrückungsverfahren Dolby B aufgenommen.
Manche Eigenaufnahmen mit Dolby B oder Dolby C. Im günstigen Fall wurde das auf der Kassette vermerkt.
Den Dolby-Wahlschalter auf die entsprechende Postition bringen - oder eben aus lassen, dann klingt es heller, aber auch verrauschter. - Meist ist ein verschmutzter Tonkopf die Ursache für eine dumpfe Wiedergabe verantwortlich.
Man reinigt ihn mit einem Wattestäbchen, das man mit Spiritus getränkt hat.
Um Schmutzpartikel bestmöglich herauszubekommen, sollte das Wattestäbchen in der Mitte des Kopfes quer zur Bandlaufrichtung bewegt werden.
Kurz schauen, ob noch Schmutzpartikel dran haften und ggf. Reinigung wiederholen.
Vorsicht ist geboten, wenn der Tonkopf mit weißem Zeug verschmutzt ist: Dabei handelt es sich höchstwahrscheinlich um Schimmel!
Unbedingt vor dem Einlegen einer anderen Kassette beide Köpfe (Tonkopf und Löschkopf), Bandführungs-Teile, die schwarze Gummirolle und den Metallstift, gegen den diese scharze Rolle drückt, mit Alkohol reinigen. - Schwanken die Höhen stark, liegt das entweder an einem defekten Kassettenlaufwerk oder an einem ungleichmäßig aufgewickeltem Band.
Hier mal testweise das Band einmal komplett vor- und zurückspulen. - Klingen alle Kassetten dumpf und etwas hohl, kann sich auch der Tonkopf des Laufwerks verstellt haben.
Das kann man leicht mit einem kleinen Schraubendreher korrigieren.
Kassettenlaufwerke haben dazu ein kleines Loch.
Durch dieses führt man den Schraubendreher, merkt sich die ursprüngliche Poeition dieser Einstellschraube und dreht langsam und vorsichtig ein bisschen links- und rechts herum und hört, ob der Ton klarer wird.
Tonkopf auf die richtige Spurlage ("Azimuth") einstellen
Wird der Ton in beiden Richtungen noch dumpfer, stellt man die Schraube wieder auf die ursprüngliche Position zurück - es lag dann also nicht an einem verstellten Tonkopf.
Klingt nur eine einzelne Kassette hohl, ode alle Kassetten, die auf einem bestimmten (anderen) Recorder aufgenommen wurden, war letzterer beim Aufnehmen verstellt.
Dann kann man die Aufnahme ebenfalls durch Verdrehen der Einstellscharube retten.
Allerdings sollte die Schraube nach dem Abspielen wieder in die ursprüngliche Position zurückgedreht werden.
Man kann auch ein Kaufkassette als Referenz nehmen und die Schraube auf maximal viele Höhen einstellen.
Weiterführende Literatur
- Friedrich Engel: Das Compact-Cassetten-Buch, Agfa-Gevaert 1973, ohne ISBN, 100 Seiten: Einfache Einführung für Laien mit Hinweisen zum Aufnehmen auf Kassetten. Im Anhang Chronik der Agfa-Kassetten.
- Friedrich Engel: Schallspeicherung auf Magnetband, Agfa-Gevaert 1975, ohne ISBN: Das ca. 170-seitige Buch ist für Fachleute gedacht. In ihm findet sich alles, was man in Zusammenhang mit Kompaktkassetten und dem darin befindlichen Band wissen möchte.
Übrigens findet man im Zeitzeugen-portal.de der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einige spannende kurze Interviews mit Friedrich Karl Engel, dem Autor der genannten zwei Bücher über seine Zeit bei Agfa und BASF. Bei letzterer arbeitete er ab 1975 als Anwendungstechniker.
Autor: Rainer Specker
Fotos: Rainer Specker